Verdacht auf Manipulation: Werden Strompreise künstlich in die Höhe getrieben?

Kohlekraftwerk in Deutschland

23.01.2025: Das Jahr 2024 markierte ein Rekordhoch in der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) wurden über 275 Terawattstunden nachhaltig erzeugt, was einem beeindruckenden Anteil von knapp 63 Prozent an der gesamten Stromproduktion entspricht – ein bislang unerreichter Wert. Dennoch zeigte die Dunkelflaute die Abhängigkeit des Stromnetzes von konventionellen Kraftwerken in Zeiten geringer erneuerbarer Einspeisung.

Negative Strompreise bei viel Wind und Sonne, hohe Preise bei Dunkelflaute

Die Energiepreise unterliegen ständigen Schwankungen. Wird viel Strom produziert, weil die Sonne scheint und Windkraftanlagen arbeiten, sinkt der Strompreis an der Strombörse. Unternehmen, die ihren Strom direkt an der Börse kaufen, profitieren am meisten von der Situation. Entstehen durch die Überschussproduktion beispielsweise negative Strompreise, bekommt der Käufer für seinen Verbrauch Geld.

In Zeiten der Dunkelflaute, einer Wetterlage mit wenig Wind und Sonnenschein, wie sie im Dezember 2024 und zuletzt im Januar 2025 in Deutschland vorkam, klettern die Strompreise hingegen und können hohe Kosten verursachen. Gerade energieintensive Branchen stehen dann vor einem Problem. Doch muss das so sein?

Kraftwerke in Deutschland stehen trotz Dunkelflaute still

Wie das ARD-Magazin Plusminus in seiner Ausgabe vom 22. Januar 2025 berichtete, stehen Deutschland bei einer sogenannten Dunkelflaute ausreichend Gas- und Kohlekraftwerke zur Verfügung, die dann einspringen und die nötige Energie liefern sollen.

Trotz der Nachfrage nach Strom an Tagen ohne ausreichend Sonnenschein und Wind blieben jedoch etwa ein Drittel Gas- und Kohlekraftwerke unerwartet außer Betrieb. Am 11. Dezember 2024 erreichten die Strompreise mit 1,16 € je Kilowattstunde kurzzeitig Spitzenwerte. Der durchschnittliche Tarif für eine Kilowattstunde Strom liegt bei etwa 0,10 €. Deutschland musste große Mengen Strom aus dem Ausland importieren.

Marktmanipulation? Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur mischen sich ein

Das führte zu Spekulationen über mögliche Manipulationen seitens der Betreiber der Kraftwerke, die durch künstliche Verknappung höhere Strompreise erzielen könnten. Die Redaktion von Plusminus fragte bei den betroffenen Kraftwerksbetreibern nach den Gründen für die Ausfälle. Dabei wurde fast immer angegeben, dass technische Ursachen und Reparaturen der Grund dafür waren, warum die Gas- und Kohlekraftwerke keinen Strom lieferten.

Die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt kündigten an, die Vorfälle zu untersuchen und gegebenenfalls Sanktionen gegen Betreiber zu verhängen, die vorsätzlich Kapazitäten zurückgehalten haben. Verbraucherschützer forderten mehr Transparenz und strengere Kontrollen, um Marktmanipulationen zu verhindern und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Kabinettsbeschluss unter der Regierung Merkel verhindert Einsatz der Reservekraftwerke

Insgesamt gibt es außerdem 12 Kohlekraftwerke und 6 Gaskraftwerke, die als sogenannte Reservekraftwerke für den Fall eines Blackouts immer in Bereitschaft stehen. Sie könnten insgesamt 9800 Megawatt Strom liefern. Das entspricht der Kapazität von 7 Atomkraftwerken.

Im Jahr 2020 wurde unter der Bundesregierung der damaligen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und des damaligen Wirtschaftsministers Peter Altmaier (CDU) beschlossen, dass Reservekraftwerke auf keinen Fall preissenkend wirken dürfen. In Zeiten einer Dunkelflaute gehen die Reservekraftwerke also nicht ans Netz, was ökonomisch irrational ist. Der Betrieb der Kraftwerke kostet den Steuerzahler viel Geld, ebenso die dadurch entstehenden hohen Energiekosten, mit denen auch die Wirtschaft zu kämpfen hat. Dieser Beschluss könnte in der nächsten Bundesregierung geändert werden, wenn sie es will.

Stetig sinkende Strompreise seit Atomausstieg und Diversifikation des Energiemixes

Während die Preise zu Beginn des Ukrainekrieges im Jahr 2022 durchschnittlich bei 0,2305 € je Kilowattstunde lagen, sank der durchschnittliche Preis mit 0,078 € je Kilowattstunde im Jahr 2024 – trotz Dunkelflauten – unter das Niveau des Jahres 2021 (0,098 € je Kilowattstunde). Insgesamt ist der Strom seit dem Ausstieg aus der Atomkraft also günstiger geworden.

Der Bericht verdeutlicht die Herausforderungen der Energiewende und die Notwendigkeit, sowohl erneuerbare Energien weiter auszubauen als auch die Zuverlässigkeit konventioneller Gas- und Kohlekraftwerke sicherzustellen, um Versorgungslücken zu vermeiden.

Zurück